Höxter (red). Der Angeklagte im Mordfall Bosseborn, Wilfried W. (48), muss nach der Untersuchungshaft vermutlich nicht ins Gefängnis. Es sei eine Unterbringung in der Psychiatrie vorgesehen. Wilfried W. sei nur eingeschränkt schuldfähig und „erheblich vermindert steuerungsfähig”. So stehe es in dem 400 Seiten starken Gutachten von Gutachterin Dr. Nahlah Saimeh, das dem Landgericht Paderborn vorliegt. Das Ergebnis überrasche Anwalt Dr. Detlev Binder nicht. Er habe Ex-Frau Angelika als treibende Kraft für die Taten gesehen.

Laut der Gutachterin soll Wilfried W. eine erhebliche Intelligenzminderung, einen Intelligenzquotienten von 59 sowie eine Persönlichkeitsstörung haben. Angelika W. verfüge hingegen über einen IQ von 120. Wilfried W. soll in eine Abhängigkeit mit der Angeklagten geraten sein. In einem der Prozesse erwähnte er, dass er seine Frau Angelika für ihren Realschulabschluss immer beneidet habe. Wilfried W. verfüge laut Gutachten auch nur über eine sehr begrenzte Denkfähigkeit. Sadistische Neigungen hat die Gutachterin verneint und erklärt, dass Wilfried W. völlig naiv und ohne jede moralische Urteilsfähigkeit sei.

In Angelika W. habe Wilfried W. jemanden gefunden, der den Ton angegeben und ihm Entscheidungen abgenommen habe. Das hätte er immer als sehr angenehm empfunden. Ergänzt hätten sich beide jedoch in dem Bedürfnis zur Dominanz und Kontrollübernahme. Die Ursache in den Taten lag wohl daran, dass er schnell das Interesse an seinen neuen Frauenbekanntschaften verloren habe und diese „Spielzeuge“ nicht mehr haben wollte. Daraufhin übernahm Angelika W. die Führung. Sie habe Freude daran gefunden, ihren Mann und die Frauen zu manipulieren. Bei dem Angeklagten Wilfried W. bestehe laut Gutachterin Nahlah Saimeh Wiederholungsgefahr, weil seine Suche nach einer Traumfrau mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder in Gewalt enden würde.

In der Psychiatrie müsse versucht werden, seine Persönlichkeit nachreifen zu lassen. Später solle er in einer betreuten Wohngruppe mit engmaschiger Sozialkontrolle untergebracht werden. Sollte Wilfried W. in einer psychiatrischen Einrichtung unterkommen, könne das aber auch bedeuten, dass er bis zu seinem Lebensende nicht mehr freikommt. Angelika W. habe laut ihrem Anwalt Peter Wüller durch ihre Aussagen zentral zur Aufklärung des Geschehens beigetragen. „Wir gehen davon aus, dass das Gericht das würdigt und zu einer Strafrahmenverschiebung mit höchstens 15 Jahren Haft kommt“, berichtet Anwalt Wüllner. Im sogenannten Horrorhaus in Bosseborn sind zwischen 2011 und 2016 mehrere Frauen gefangen gehalten und gequält worden. Zwei Opfer (33 und 41) überlebten das Martyrium der beiden Angeklagten nicht.

Fotos: Kube, Archiv