Brakel (red). Zum ersten Mal in der Geschichte des über 150 Jahre alten Männergesangvereins 1868 Brakel hat ab jetzt eine Frau das Sagen: Petra Wattenbach aus Nieheim hat von Heinrich Hermes den Dirigentenstab übernommen und leitet künftig die musikalische Ausrichtung des Traditions-Chores, der zu den ältesten im Kreis Höxter gehört. Mehrmals im Monat treffen sich die rund 15 Sänger immer donnerstags um 19 Uhr im Probenlokal „Gaststätte Tegetmeier“ in Brakel.

„Das mache ich kurz und schmerzlos,“ schmunzelte MGV-Vorsitzender Hermann Kanthak in diesen Tagen, als er in einer Chorprobe den versammelten Sängern die Entscheidung Petra Wattenbachs bekannt gab, nach einigen „Probe-Proben“ die Chorleitung übernehmen zu wollen. Mit einem kleinen Blumenstrauß hieß Kanthak die neue Chefin willkommen und bedankte sich beim vorigen Leiter Heinrich Hermes mit einer Flasche Hochprozentigem für die bisherige Arbeit. Mit Zustimmung der neuen Chorleiterin bleibt Hermes aber als „Vize-Chorleiter“ zur Verfügung, ansonsten nimmt er wieder in den Reihen des 2. Tenors Platz.

Der Ur-Warburger Heinrich Hermes, früher Lehrer im Brakeler Schulzentrum, stieß 1986 zum MGV 1868. Seine sichere Stimme war im meist dünn besetzten 2. Tenor recht wertvoll. Schnell erkannten die Aktiven sein Führungstalent und machten ihn noch im selben Jahr zum stellvertretenden Chorleiter, der immer dann einsprang, wenn Dirigent Dirk Josten verhindert war; er übernahm auch Einzelproben vor wichtigen Konzerten. So war es quasi selbstverständlich, dass Heinrich Hermes im Februar 2015 einsprang, als Chorleiter Dirk Josten schwer erkrankte. Ein Jahr später war klar, dass Josten nicht mehr zurück kommt und Hermes übernahm die zukünftige Leitung des Chores.

In den Folgejahren bis Sommer 2019 folgten eine Reihe von Auftritten in Gottesdiensten, bei Jubiläen und bei benachbarten Chorfesten. „Absoluter Höhepunkt meiner Chorleitertätigkeit,“ erinnert sich Hermes, „waren natürlich im vorigen Sommer der Festakt zum 150-jährigen Vereinsjubiläum in der Stadthalle und das Festhochamt in der Pfarrkirche St. Michael. Das waren die Glanzlichter meiner Arbeit!“ Schon damals hatten alle Festredner nicht nur das hohe Engagement des Chorleiters, sondern auch das aller aktiven Sänger gelobt, die mit Disziplin, viel Zeitaufwand und Herzblut bei der Sache waren.

Mit der neuen Dirigentin übernimmt eine versierte Musikerin das Zepter. Petra Wattenbach hat Operngesang studiert und sich nebenbei zur Chorleiterin ausbilden lassen. Zur Zeit führt sie vier Chöre in der näheren Umgebung, ist als Dozentin in der Stimmbildung und bei mehreren Chor-Projekten tätig, so z.B. seit zehn Jahren beim landesweiten Projekt „Toni singt“. Mit ihren Projektchören hat Petra Wattenbach auch bei Auslandsreisen, wie etwa nach Mallorca oder Tirol, das Publikum begeistern können. Schon bei den ersten Proben im MGV 1868 merkten sie Sänger, das jetzt ein neuer Wind weht. Mit Aufwärmübungen, Stimmbildung und nicht zu übersehenden Präsenz fordert die neue Leiterin den Aktiven eine Leistung ab, die den Chor zu einer neuen Klangformation werden lässt. Man kann auf die ersten öffentlichen Auftritte gespannt sein.

Seinen Abschied vom Dirigat wird Heinrich Hermes am Annentags-Montag nehmen, wenn der MGV 1868 Brakel beim Empfang der Stadt Brakel im Sitzungssaal „Alte Waage“ das schon beim Jubiläum intonierte „Brakeler Lied“ aufführen wird.

Foto MGV